
Aktuelles aus Bundesbern
Rückblick auf die Wintersession 2025
Die Wintersession 2025 war klar von finanzpolitischen Fragen geprägt. Auf institutioneller Ebene begann sie am 1. Dezember mit der Wahl von Pierre-André Page und Stefan Egler zu den Präsidenten der beiden Räte, bevor am 10. Dezember der neue Bundespräsident, Guy Parmelin, sein Amt antrat.
Inhaltlich wurde die Motion Würth zum ISOS abgeschrieben; hingegen wurde das Postulat der zuständigen Kommission angenommen. In den Schlussabstimmungen unterstützte das Parlament zudem die Medien mit der deutlichen Annahme der Vorstösse Chassot und Bauer; auch die Frage der Betreuungszulage für Kinder fand eine Mehrheit.
Der Schwerpunkt der Session lag jedoch ohne Zweifel auf dem Bundesbudget. Die Beratungen dauerten bis zur letzten Minute an, mit einer Einigungskonferenz am Freitagmorgen, gefolgt von den Abstimmungen über die Anträge in den Schlussabstimmungen – zunächst im Ständerat, anschliessend im Nationalrat. Erst nach diesem parlamentarischen Marathon konnte in letzter Minute ein Kompromissbudget gerettet werden.
Für die Gemeinden beginnen die Arbeiten damit aber erst. Bereits zu Beginn des kommenden Jahres wird insbesondere die Entflechtung der Aufgaben im Rahmen des Entlastungspakets 27 im Fokus stehen – ein zentrales Dossier für die kommunale Autonomie und die Aufgabenteilung zwischen den staatlichen Ebenen. Der Schweizerische Gemeindeverband wird sich weiterhin mit Nachdruck dafür einsetzen, dass die Interessen und Realitäten der Gemeinden in dieser entscheidenden Phase angemessen berücksichtigt werden.
Entflechtung bei ISOS sicherstellen
Die Motion Würth (25.3153) verlangt, dass der Bund künftig nur noch für Objekte von nationaler Bedeutung zuständig ist, während der Schutz der Baukultur sowie von Objekten von kantonaler und kommunaler Bedeutung ausschliesslich in die Verantwortung der Kantone fallen soll.
Nachdem der Ständerat die Motion im Juni mit grosser Mehrheit angenommen hatte, lehnte der Nationalrat diese in der ersten Woche der Wintersession am 1.12. mit 101 zu 84 Stimmen bei 5 Enthaltungen ab. Die Motion ist damit erledigt. Er überwies stattdessen ein Kommissionspostulat (25.4401). Dieses beauftragt den Bundesrat, das Potenzial und die Auswirkungen einer allfälligen neuen Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen im Bereich Denkmal-, Heimat- und Ortsbildschutz aufzuzeigen und zu evaluieren sowie den Bedarf einer Bereinigung des Verzeichnisses der Denkmäler und archäologischer Stätten von nationaler Bedeutung aufzuzeigen.
Position SGV: Der SGV hat sich anlässlich der Anhörung vor der WBK-N für die Motion Würth ausgesprochen. Die Frage des kommunalen Handlungsspielraums in der Raum- und Siedlungsentwicklung ist für die Gemeinden zentral. Es geht dabei nicht darum, das ISOS-Inventar oder den Denkmalschutz als solchen infrage zu stellen, sondern der problematischen Ausweitung des Bundesinventars – insbesondere im Rahmen von Fällen direkter Anwendbarkeit – entgegenzuwirken.
Der SGV unterstützt sowohl die Arbeiten des Runden Tisches als auch jene zur Entflechtung der Aufgaben zwischen den drei Staatsebenen, um pragmatische Lösungen für die zahlreichen Blockaden in der Praxis zu finden. Er erachtet es als sinnvoll, die Auswirkungen einer möglichen neuen Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen in diesem Bereich vertieft zu analysieren, und unterstützt daher das Kommissionspostulat 25.4401. Zugleich fordert der SGV, dass die im Rahmen des Runden Tisches beschlossenen Massnahmen rasch umgesetzt werden.
Parlament lehnt Zuwanderungsinitiative der SVP ab
Die Volksinitiative «Keine 10-Millionen-Schweiz!» zielt darauf ab, die Wohnbevölkerung der Schweiz bis 2050 auf unter zehn Millionen zu begrenzen (25.026). Sollte die Neuneinhalb-Millionen-Grenze vor 2050 überschritten werden, müssen der Bundesrat und die Bundesversammlung Massnahmen ergreifen (Aussetzung von Aufenthaltsbewilligungen und Einbürgerungen, Neuverhandlung internationaler Übereinkommen, usw.). Reichen diese Massnahmen nicht aus, muss der Bund internationale Verträge kündigen, insbesondere das Freizügigkeitsabkommen mit der EU (FZA). Die eidgenössischen Räte empfehlen dem Stimmvolk die SVP-Initiative abzulehnen, dies mit der Begründung, die Initiative gefährde den Wohlstand und die völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz.
In den Schlussabstimmungen wurde das Geschäft mit 123 zu 67 Stimmen bei 6 Enthaltungen (Nationalrat) und mit 30 zu 9 Stimmen bei 5 Enthaltungen (Ständerat) deutlich abgelehnt. Damit kommt die Initiative ohne Gegenvorschlag voraussichtlich am 14. Juni 2026 zur Abstimmung.
Position SGV: Der SGV begrüsst die klare Haltung des Parlaments. Eine Annahme der Initiative hätte massive negative Auswirkungen auf die Schweizer Wirtschaft und das Ende des Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU zur Folge. Der bilaterale Weg ist für den Wohlstand der Schweiz zentral. Sowohl die Gemeinden wie auch das lokale Gewerbe sind auf die Zuwanderung von Arbeitskräften angewiesen.
Gleichzeitig sind die Sorgen in Teilen der Bevölkerung ernst zu nehmen. Der SGV unterstützt einen konsequenten Schutz des Asylsystems vor Missbrauch, eine bessere Ausschöpfung des inländischen Arbeitskräftepotenzials, die Schaffung von mehr Wohnraum für die Bevölkerung und die Umsetzung von Massnahmen zur Behebung von Engpässen im Infrastrukturbereich. Eine starre Begrenzung auf 10 Millionen Einwohner löst diese Probleme jedoch nicht. Stattdessen unterstützt der SGV die vom Bundesrat beschlossenen Begleitmassnahmen bei der Zuwanderung in den Bereichen Arbeitsmarkt, Wohnungswesen sowie im Asylbereich (siehe Medienmitteilung vom 29.01.25).
Beschleunigung des Aus- und Umbaus der Stromnetze
Der Nationalrat hat der Vorlage des Bundesrats (25.057), die Bewilligungsverfahren für den Aus- und Umbau der Stromnetze weiter zu beschleunigen, in der letzten Sessionswoche am 17. Dezember zugestimmt. Zudem hiess er einen Antrag seiner Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK-N) gut, wonach der Freileitungsgrundsatz im Elektrizitätsgesetz verankert werden soll. Erdleitungen sollen neu nur noch in Ausnahmefällen möglich sein, z.B. aus technischen Gründen, in geschützten Mooren oder wenn eine Erdleitung billiger zu stehen kommt. Ein Antrag von Nationalrat Emmanuel Amoos, auf den Freileitungsgrundsatz zu verzichten, wurde vom Nationalrat mit 112 zu 69 Stimmen bei 12 Enthaltungen abgelehnt. Hintergrund der Vorlage war die Tatsache, dass ein Grossteil der Höchstspannungsleitungen ihre Lebensdauer erreicht hat und ersetzt werden muss. Andererseits soll das Übertragungsnetz im Hinblick auf die angestrebte Dekarbonisierung für die Zukunft fit gemacht werden.
Um die damit einhergehende wachsende Zahl an Leitungsprojekten und Bewilligungsverfahren bewältigen zu können, sieht die Revision verschiedene Neuregelungen vor. So sollen Sachplanverfahren für bisherige Trassees und unmittelbar angrenzende Trassees wegfallen, die Realisierung von Übertragungsnetzen neu Vorrang vor anderen nationalen Interessen geniessen und der Bau von Trafostationen vereinfacht werden. Bei bundesinternen Differenzen in Plangenehmigungsverfahren kann die Leitbehörde zudem zukünftig schneller Entscheide treffen. Und schliesslich sollen raumplanerische Aspekte früher in der Planungsphase berücksichtigt und so die Koordination der Netzplanung verbessert werden.
Mit der Vorlage wird sich nun der Ständerat befassen. Dabei wird er den Ausnahmekatalog des lang diskutierten Freileitungsgrundsatzes wie auch weitere vom Nationalrat vorgeschlagene Verschärfungen im Detail behandeln müssen (z.B. in Bezug auf die nationale Bedeutung von Verteilnetzen, die Sachplanverfahren oder den vom Nationalrat gutgeheissenen Minderheitsantrag von Martin Bäumle, welcher den Bau von Trafostationen auch ausserhalb und direkt an die Bauzonen angrenzend ermöglichen will).
Position SGV: Der SGV begrüsst grundsätzlich, dass der Aus- und Umbau der Stromnetze beschleunigt werden soll. Denn die Netzstabilität muss auch in Zukunft gewährleistet werden können – insbesondere auch im Hinblick auf die zunehmende Einspeisung von erneuerbaren Energien.
Mit der Neuregelung entfallen die Sachplanverfahren nicht nur auf den bestehenden Trassees, sondern auch unmittelbar daneben. Zudem braucht es für den Bau von Trafostationen ausserhalb der Bauzonen keine Standortevaluation mehr. Der SGV fordert deshalb, dass Sanierungs- und Ersatzprojekte im Übertragungsnetz mit Augenmass zu realisieren sind und betroffene Gemeinden frühzeitig in die Netzplanung miteinbezogen werden.
Dass raumplanerische Aspekte bereits in der Planungsphase berücksichtigt und mit den betroffenen Ämtern abgestimmt werden, begrüsst der SGV. Auch hier ist der rechtzeitige Einbezug der kommunalen Planungsbehörden wichtig, um eine effiziente Koordination auf allen Ebenen zu gewährleisten.
Der SGV weist zudem darauf hin, dass bei der Interessenabwägung zwischen einer sicheren Energieversorgung sowie den Schutz- und Raumplanungsinteressen Umweltaspekte auch zukünftig genügend stark gewichtet werden müssen.
In Bezug auf den heiss diskutierten Freileitungsgrundsatz plädiert der SGV für ausreichende Ausnahmemöglichkeiten, damit die Akzeptanz in der Bevölkerung gewährlistet bleibt.
Änderung SchKG: Nationalrat will mit neuen Verfahren der Überschuldung entgegenwirken
Überschuldete Personen sollen mit einfacheren Verfahren rascher eine zweite Chance auf ein schuldenfreies Leben bekommen. Die Vorlage des Bundesrats (25.019) sieht zum einen ein vereinfachtes Nachlassverfahren für überschuldete Personen mit einem regelmässigen Einkommen sowie zum andern ein Sanierungsverfahren im Konkurs für Personen ohne Rückzahlungsmöglichkeiten mit anschliessender Restschuldbefreiung vor.
Der Nationalrat war als Erstrat am 16. Dezember auf den Gesetzesentwurf eingetreten und nahm diesen in der Gesamtabstimmung mit 121 gegen 71 Stimmen und 3 Enthaltungen an. Es bestanden rund dreissig Änderungsvorschläge. Umstritten war zum Beispiel, wie lange eine erste Phase dauern soll, während welcher der Schuldner alle verfügbaren Mittel an die Gläubiger abgeben muss. Der Nationalrat sprach sich schliesslich für eine Frist von drei Jahren aus – allerdings mit dem Zusatz, dass Gerichte diese Dauer auf vier Jahre verlängern können. Dies, wenn der Schuldner seit mehr als einem Jahr dauernd zahlungsunfähig ist und für die Entwicklung seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit keine aussichtsreiche Prognose gestellt werden kann. Abgelehnt wurde ein Antrag, diese Dauer auf fünf Jahre zu verlängern.
Als nächstes befasst sich der Ständerat mit der Vorlage. Die zuständige Rechtskommission RK-S nimmt die Beratungen dazu am 26./27. Januar 2026 auf.
Position SGV: Der SGV begrüsst die Annahme der Vorlage durch den Nationalrat. Die zwei neu vorgesehen Verfahren zur finanziellen Sanierung natürlicher Personen haben sowohl positive Auswirkungen auf die Lebenssituation und Gesundheit der Betroffenen selbst als auch auf die Volkswirtschaft und die öffentliche Hand (etwa geringere Sozialhilfekosten für die kommunale Ebene). Der SGV unterstützt den Entscheid des Nationalrats, die Abschöpfungsfrist auf drei Jahre festzulegen – unter Vorbehalt der Verlängerungsmöglichkeit durch das Gericht. Der Grossteil der verschuldeten Personen lebt bereits seit Jahren mit einer Lohnpfändung und somit am Existenzminimum. Ein Abschöpfungsverfahren, das über 3 Jahre hinausgeht, würde zu vielen Abbrüchen des Sanierungsverfahrens führen, was nicht nachhaltig ist.
Parlament will regionale Medien verstärkt fördern
Der Ständerat hat sich klar für zwei Massnahmen zur Förderung der regionalen Medien ausgesprochen. Es handelt sich um wenig bestritten Teile des Massnahmenpaketes zugunsten der Medien, welches die Stimmberechtigten am 13. Februar 2022 abgelehnt hatten. Die parlamentarische Initiative Chassot (22.417) will mit maximal einem Prozent des Ertrags der Medienabgabe verschiedene Fördermassnahmen unterstützen. Ursprünglich in erster Linie für die elektronischen Medien gedacht, haben die Räte diese Beschränkung aufgehoben. Die parlamentarische Initiative Bauer (22.407) verlangt, dass der Anteil der Medienabgabe, welcher gemäss RTVG für regionale Radio- und Fernsehsender verwendet wird, von 4-6 Prozent auf 6-8 Prozent steigen soll.
Bei beiden Vorlagen hat der Ständerat die noch verbliebenden Differenzen ausgeräumt, indem er dem Nationalrat gefolgt ist. Bei der parlamentarischen Initiative Chassot soll der Anteil der anrechenbaren Kosten, den die Förderbeiträge decken dürfen, bei 50% gedeckelt werden. Ursprünglich hatte sich der Ständerat für 80% ausgesprochen. Bei der parlamentarischen Initiative Bauer verzichtet der Ständerat auf die von ihm bisher befürwortete automatische inflationsbereinigte Erhöhung der Beiträge im Vergleich zur jeweils letzten Konzessionsperiode.
In den Schlussabstimmungen wurde die parlamentarische Initiative Chassot (22.417) mit 156 zu 37 Stimmen bei 4 Enthaltungen (Nationalrat) und mit 44 Stimmen (Ständerat) angenommen, die parlamentarische Initiative Bauer (22.407) mit 128 zu 63 Stimmen bei 5 Enthaltungen (Nationalrat) und mit 40 zu 4 Stimmen (Ständerat).
Position SGV: Der SGV begrüsst die Annahme der beiden parlamentarischen Initiativen. Diese zielen darauf ab, den medialen Service public zu stärken und bilden zusammen mit der parlamentarischen Initiative Bulliard-Marbach (22.423), bei der sich die Räte in der Frühjahrsession auf einen Ausbau der indirekten Presseförderung geeinigt hatten, ein ausgewogenes Paket für die kurz- bis mittelfristige Förderung des gefährdeten medialen Service public.
Er bedauert jedoch die Beschränkung der Förderung auf 50% der anrechenbaren Kosten im Rahmen der parlamentarischen Initiative Chassot. Es handelt sich dabei um den maximalen Satz im Rahmen einer Kann-Bestimmung. Der Bundesrat hätte die Fördersätze der Notwendigkeit angepasst und sie nicht leichtfertig über 50% angesetzt. Eine ex-ante Beschränkung ist daher weder notwendig noch zielführend. Ebenfalls bedauert der SGV, dass das Parlament bei der parlamentarischen Initiative Bauer auf eine angemessene automatische inflationsbereinigte Erhöhung der Beiträge im Vergleich zur jeweils letzten Konzessionsperiode verzichtet hat. Der SGV hatte sich aufgrund der schwierigen Lage der regionalen und lokalen Medien dafür ausgesprochen.
Adressdienst geht mit Differenzen zurück in den Nationalrat
Nachdem der Ständerat bereits vor zwei Jahren auf die Vorlage für einen nationalen Adressdienst eingetreten war und diese verabschiedet hatte, wurden am 8. Dezember 2025 die Differenzen behandelt (23.039). Der Ständerat hielt in beiden Fällen an seiner Position fest. So lehnte er die vom Nationalrat in Art. 9 Abs. 1bis beantragte Einschränkung der Abfragemöglichkeiten ab. Weiter blieb er bei seiner Haltung die Finanzierung betreffend (Art. 14): Von der Gebühr befreit werden sollen lediglich die Einwohnerdienste der öffentlichen Körperschaften, nicht aber die für die Führung der öffentlichen Körperschaften zuständigen Gemeinden oder Kantone. Eine Minderheit hatte sich dafür eingesetzt, dass die Gemeinden sowie die Kantone – in den Fällen, in denen der Kanton zuständig ist – vollständig von der Gebührenpflicht zu befreien sind, unterlag jedoch mit 28 zu 13 Stimmen. Das Geschäft geht an den Nationalrat zurück. Die staatspolitische Kommission tagt dazu bereits am 22./23. Januar 2026.
Position SGV: Der SGV begrüsst den Beschluss des Ständerats, die vom Nationalrat beantragte Abfrageeinschränkung in Artikel 9 Absatz 1bis zu streichen. Eine solche würde dem Zweck des Adressdienstes zuwiderlaufen, wonach ein Zugriff für alle Stellen mit gesetzlichem Auftrag stets möglich sein soll. Eine Einschränkung ist zudem unnötig, da der NAD keine schützenswerten Personendaten enthält und würde nur zu teuren Parallelinfrastrukturen führen. Mit einer einzelnen Anlaufstelle zur Abfrage von Adressdaten insbesondere auch für die Krankenkassen als Haupt-Datenbezüger hingegen kann deren Aufwand und deren Betriebskosten im Adressauskunftsprozess massiv reduziert werden.
In Bezug auf die zweite Differenz in Art. 14 hatte sich der SGV für die Variante des Nationalrats ausgesprochen. Er nimmt den Beschluss des Ständerats, welcher der Mehrheit gefolgt war, zur Kenntnis. Aus Sicht des SGV muss es in der nächsten Session darum gehen, die Differenzbereinigung abzuschliessen und den Nationalen Adressdienst zeitnah einführen zu können – im Interesse einer effizienten, digitalen Verwaltung.
Erdbebenschäden: Ständerat spricht sich gegen solidarische Lösung auf nationaler Ebene aus
Der Ständerat will nicht auf eine Vorlage eintreten, welche eine neue Verfassungsbestimmung für eine nationale Vorsorgelösung für den Fall eines schweren Erdbebens schaffen würde. Der Entscheid war mit 23 zu 19 Stimmen bei 2 Enthaltungen jedoch knapp. Mit der Vorlage (24.095) will der Bundesrat die Forderung der Motion 20.4329 erfüllen, in der Schweiz die finanzielle Vorsorge von Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümern im Fall eines Erdbebens zu stärken und die notwendigen Rechtsgrundlagen dafür zu schaffen. Dafür ist eine Änderung der Bundesverfassung notwendig. Der Bundesratsvorschlag umfasst eine Eventualverpflichtung für die Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer auf Stufe Verfassung. Diese sollen bei Eintritt eines Erdbebens einen Beitrag von maximal 0.7 Prozent der Gebäudeversicherungssumme zur Deckung von Gebäudeschäden entrichten. Auch skizzierte er eine mögliche Umsetzungsvariante auf Gesetzesstufe. Die Vorlage kommt nun in den Nationalrat.
Position SGV: Der SGV bedauert den Entscheid des Ständerates. Die Schweiz ist ein Erdbebenland. Auch hierzulande ist etwa alle 50-100 Jahre mit einem Beben der Magnitude 6 auf der Richterskala zu rechnen, welches massive Schäden mit sich bringen würde. Es braucht daher eine umfassende Finanzierungslösung. Dies ist heute nicht gegeben: in der Schweiz sind nur rund 15 % aller Gebäude gegen Schäden durch Erdbeben versichert. Insbesondere bei grossen Beben mit Schäden im Milliardenbereich ist eine Eventualverpflichtung der Gebäudeeigentümer dabei deutlich effizienter und kostengünstiger als eine Versicherungslösung.
Der administrative Aufwand einer jährlichen Erhebung steht in einem schlechten Verhältnis zur Eintretenswahrscheinlichkeit. Hinzu kommen die Kapitalkosten: Die (Rück-)Versicherer haben Renditeanforderungen, die teilweise im zweistelligen Prozentbereich liegen. Die Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer hingegen können sich über Hypotheken sehr viel günstiger refinanzieren. Berechnungen zufolge betragen die Kosten einer Versicherungslösung für einen Zeitraum von 50 Jahren etwa das Fünffache der Kosten einer Eventualverpflichtung. Zudem sorgt die Eventualverpflichtung dafür, dass die Belastung im Ereignisfall auf mehrere Schultern verteilt wird. Bei einem Erdbeben tragen die Versicherer für Ertragsausfälle (v.a. Mieten) sowie die Fahrhabe bereits bedeutende Lasten. Der Staat wiederum ist bei der Wiederherstellung der Infrastruktur sowie bei der direkten Ereignisbewältigung stark gefordert. Geklärt werden muss in diesem Zusammenhang auch die Finanzierung der Wiederherstellung der staatlichen Infrastruktur.
Die betroffenen Kantone und Gemeinden könnten einen raschen Wiederaufbau unmöglich aus eigenen Mitteln finanzieren. Deshalb ist eine solidarische, gesamtschweizerische Lösung notwendig. Dies gilt sinngemäss auch für andere Naturkatastrophen wie Überschwemmungen, Felsstürze oder Ähnliches, welche für einzelne Gemeinden eine existenzielle Bedrohung darstellen können, wie mehrere Ereignisse in jüngster Zeit gezeigt haben.
Der SGV ist offen für eine Kompromisslösung. Eine solche könnte beispielsweise darin bestehen, dass der Bund die Hälfte der Kosten übernimmt. Er kann sich günstiger (und auch schneller) refinanzieren als Versicherungen, Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer sowie die beiden anderen Staatsebenen.
Voranschlag 2026: Halbe Einlage in den NRP-Fonds unbestritten
Erwartungsgemäss waren die Debatten um den Voranschlag 2026 in den Räten intensiv. Erst in der Einigungskonferenz konnten sich die beiden Räte finden. Mit dem Voranschlag 2026 (25.041) sowie dem dazugehörigen, nicht verbindlichen Aufgaben- und Finanzplan 2027-2029 werden die finanzpolitischen Weichen für die nächsten Jahre gestellt. Er umfasst für das nächste Jahr Ausgaben von rund 90 Mrd. CHF. Zur Einlage in den Fonds für Regionalentwicklung gab es keine Anträge und damit auch keine Debatte. Somit wird eine Einlage im halben Umfang der normalerweise vorgesehenen Höhe gemäss dem Vorschlag des Bundesrates getätigt.
Ebenfalls in die Räte kam der Nachtrag II (25.042) für das laufende Jahr in der Höhe von insgesamt 106 Mio. CHF. Die darin enthaltene Aufstockung des Kredits für Jugend und Sport um 20 Mio. CHF war dabei unbestritten. Die Räte haben den zusätzlichen Spielraum, welcher sich aus Nachmeldungen bei der direkten Bundessteuer aus dem Kanton Genf ergeben hat, unter anderen für eine zusätzliche Einlage in den Bahninfrastrukturfonds in der Höhe von 100 Mio. CHF genutzt.
Der Ständerat hat dem Antrag der Einigungskonferenz am 19.12. mit 44 zu 0 Stimmen zugestimmt und das Geschäft an den Nationalrat überwiesen. Der Nationalrat hat den Voranschlag 2026 mit 132 zu 64 Stimmen bei 0 Enthaltungen angenommen.
Position SGV: Der SGV ist erfreut darüber, dass 2026 zumindest eine halbe Einlage (rund 12.7 Mio. CHF) in den Fonds für Regionalentwicklung getätigt wird. Längerfristig braucht es aber mehr und vor allem eine Verstetigung der Mittel. Eine gänzliche Streichung der Einlage, wie vom Bundesrat im Rahmen des Entlastungpaket 27 vorgesehen, lehnt der SGV entschieden ab. Das Fondsvermögen ist seit Inkrafttreten der neuen Regionalpolitik im Jahr 2008 stetig geschrumpft – u.a. aufgrund diverser bisheriger Kürzungen - und wird voraussichtlich weiter sinken.
Letztes Jahr wurde gar nur eine Einlage von 6 Mio. CHF gemacht. Dabei ist gemäss Art. 21, Abs. 3 des Bundesgesetzes über die Regionalpolitik eine längerfristige Werterhaltung des Fonds anzustreben. Die wiederkehrenden Kürzungen bei den Fondseinlagen widersprechen damit nicht nur einer nachhaltigen Finanzpolitik, sondern auch dem Gesetz. Die Neue Regionalpolitik zielt mit dem Fonds darauf ab, die Wertschöpfung in den Regionen zu stärken und die Wettbewerbsfähigkeit der ländlichen Regionen und Berggebiete zu verbessern. Der Fonds hat sich bewährt: Jeder Bundesfranken löst das Fünffache an Investitionen in den Berggebieten und den ländlichen Regionen aus. Von 2016 bis 2020 konnten mit den Bundesbeiträgen von 391 Mio. CHF Investitionen von 2.2 Mrd. CHF ausgelöst werden. Mit verhältnismässig wenig Geld können hier viele sinnvolle Projekte initiiert werden. Die geplante, im Vergleich zur normalerweise vorgesehenen halbierten Einlage ist dabei das Mindeste.
Der SGV begrüsst die Erhöhung der Gelder für Jugend und Sport im Rahmen des Nachtrags II. Die Zahl der teilnehmenden Kinder und Jugendlichen an den Angeboten von J+S wächst seit Jahren stetig an, was erfreulich ist. Bei gleichbleibendem Budget würde dies aber dazu führen, dass die Beiträge pro Aktivität gekürzt werden müssen. Mit der vom Parlament gesprochenen Erhöhung ist lediglich sichergestellt, dass diese Beiträge nicht gekürzt werden müssen. Dies ist das Mindeste angesichts der grossen Bedeutung und der positiven Effekte der Sport- und Bewegungsförderung. Ebenfalls erfreut nimmt der SGV die zusätzliche Einlage in den Bahninfrastrukturfonds zu Kenntnis. Für die Erreichung des Netto-Null-Zieles sowie für ein gutes ÖV-Netz in der Fläche ist ein substanzieller Ausbau notwendig, wofür die heutigen Mittel bereits kaum reichen.
Entlastungspaket 27: Ständerat verringert Sparvolumen
Der Ständerat ist auf das Entlastungspaket 27 (25.063) eingetreten und hat daran nach intensiver Debatte zahlreiche Änderungen beschlossen. Dadurch reduziert sich das Sparvolumen um mehr als einen Drittel. Nötig wurde das Entlastungspaket durch drohende Defizite in Milliardenhöhe ab 2027. Treiber sind insbesondere steigende Ausgaben für die Armee, die Altersvorsorge und die Prämienverbilligungen. Insgesamt schlug der Bundesrat 57 Massnahmen vor, wovon 23 ohne Gesetzesanpassung möglich sind und für 2029 ein Sparvolumen von mehr als drei Milliarden Franken umfassen.
Streichen will der Ständerat dabei die beiden einzigen einnahmenseitigen Massnahmen: eine höhere Besteuerung der Auszahlung von Kapitalbezügen der 2. und 3. Säule sowie die Versteigerung von Zollkontingenten im Landwirtschaftsbereich. Damit bleiben nur noch ausgabenseitige Massnahmen. Die Landwirtschaft sowie den Medienbereich hat der Ständerat dabei weitgehend verschont, während die Kürzungen bei der Entwicklungszusammenarbeit, im Asylbereich, bei der Bildung, bei den Verbundaufgaben im Umweltbereich und beim Verkehr zumeist eine Mehrheit fanden. Nicht oder nur wenig sparen will er auch bei der Förderung der Mitgliedschafts- und Stiftungspresse sowie bei den Einlagen in den Fonds für Regionalentwicklung. Auf Antrag von Ständerat und Verbandspräsident Mathias Zopfi verzichtete eine deutliche Mehrheit darauf, das kantonale Gebäudeprogramm, mit dem der Ersatz von mit fossilen Brennstoffen betriebenen Heizungen unterstützt wird, zu streichen. Der Bund soll auch künftig Fördermittel in angemessener Höhe bereitstellen. In der Gesamtabstimmung wurde das Gesetzespaket mit 34 zu 10 Stimmen angenommen. Nun ist der Nationalrat am Zug.
Position SGV: Der SGV bedauert, dass der Ständerat auf das Entlastungspaket 27 eingetreten ist, trotz der massiven Kritik der Kantone und Gemeinden im Vorfeld. Er fordert eine Rückweisung der Vorlage an den Bundesrat mit dem klaren Auftrag, die geplanten Massnahmen mit dem Projekt Entflechtung 27 zu koordinieren und auf dieser Basis einer Aufgabenteilung zusammen mit den Gemeinden und Kantonen ein neues, ausgewogenes Paket zur Sanierung des Bundeshaushaltes zu erarbeiten. Da dies eine Verlängerung des Prozesses bedeutet, soll das Paket allenfalls erst 2028 in Kraft treten und manche Ausgaben, beispielsweise in Zusammenhang mit Schutzsuchenden aus der Ukraine oder im Rüstungsbereich im Jahr 2027 als ausserordentlich verbucht werden, um die Schuldenbremse einzuhalten.
Die Kürzungen beim Verkehr, bei den Verbundaufgaben im Umweltbereich sowie die Verkürzung bei der Abgeltungsdauer für die Integrationspolitik auf 5 Jahre der lehnt der SGV entschieden ab. Letztere bedeuten eine reine Kostenverlagerung hin zu Kantonen und Gemeinden, welche einspringen müssen. Hingegen begrüsst der SGV den Verzicht auf die geplante Streichung der Förderbeiträge für die Mitgliedschafts- und Stiftungspresse. Die Mitgliedschaftspresse ist ein zentrales Kommunikationsinstrument für Verbände, Vereine und Stiftungen. Sie informiert, vernetzt und mobilisiert – und trägt wesentlich zur Meinungsbildung in der Zivilgesellschaft bei. Ebenfalls begrüsst der SGV, dass der Ständerat auch weiterhin Einlagen in den Fonds für Regionalentwicklung tätigen will und die Kürzungen bei den Subventionen für die Klimapolitik zumindest verkleinert hat. Die Haltung des SGV zu den einzelnen Massnahmen im Detail kann aus der Stellungnahme des SGV im Rahmen der Vernehmlassung entnommen werden.
Betreuungszulage - Parlament beschliesst indirekten Gegenvorschlag zur Kita-Initiative
Die Vorlage für eine langfristige Finanzierung der familienergänzenden Kinderbetreuung (21.403) beschäftigt das Parlament seit über einem Jahr. Die nun gefundene Lösung geht deutlich weniger weit als der ursprünglich von der Nationalratskommission vorgeschlagene Gesetzesentwurf. Damals waren Kosten für den Bund in Höhe von rund 770 Millionen Franken vorgesehen gewesen. Der Bundesrat und die bürgerlich dominierten Ratskammern schwächten die Vorlage in den letzten Debatten ab.
Neben der Betreuungszulage für erwerbstätige Eltern sollen nun mit sogenannten Programmvereinbarungen Angebotslücken geschlossen und Betreuungsplätze für Kinder mit Behinderungen geschaffen werden. Der Bund soll dafür für die ersten vier Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes maximal hundert Millionen Franken bereitstellen. Zuletzt stritten die Räte noch über die Höhe, die Verwendung und die Anwendungsfelder der Fördergelder. Der Ständerat setzte sich in weiten Teilen durch. So soll die Betreuungszulage an die institutionelle Betreuung in einer Landessprache geknüpft sein. Zudem sollen Eltern von Kindern, die im Ausland betreut werden, nicht von der Zulage profitieren können. Weiter soll die Zulage für Eltern von Kindern mit Behinderungen gemäss übereinstimmendem Entscheid beider Parlamentskammern bis zum doppelten Betrag ausgerichtet werden können.
In den Schlussabstimmungen wurde das Geschäft mit 115 zu 81 Stimmen bei 1 Enthaltung (Nationalrat) und mit 27 zu 17 Stimmen (Ständerat) angenommen.
Position SGV: Der SGV nimmt erfreut zur Kenntnis, dass sich die eidgenössischen Räte nach längerem Ringen auf eine mehrheitsfähige Lösung einigen konnten. Dass die Vorlage im Laufe der parlamentarischen Debatten stark ausgehöhlt wurde, ist hingegen zu bedauern. Der SGV verwies stets auf die Notwendigkeit, die zentralen Förderbereiche Qualität und Vereinbarkeit in der Vorlage zu belassen, um eine effektive Inanspruchnahme der familienergänzenden Kinderbetreuung zu gewährleisten. Auch die Wichtigkeit der Frühen Förderung hat der SGV stets betont. Die Knüpfung der Betreuungszulage an die Erwerbstätigkeit lehnte der SGV ab, da dies in der Praxis nicht zielführend überprüft werden kann.