Kehrsatz (BE), 4'200 Einwohner

Energetische Frischzellenkur für Selhofen

Die Schulanlage Selhofen in Kehrsatz (BE) steht unter Denkmalschutz. Doch der über 40-jährige Bau verursachte zu hohe Energiekosten. Eine umfassende Sanierung bringt die Energiebilanz der Anlage wieder ins Lot.  

In markanter 70er-Jahre-Architektur liegt die Schulanlage Selhofen am Hang unterhalb des Dorfkerns von Kehrsatz. Sowohl das Oberstufen- wie auch das Unterstufengebäude sind kubische Bauten aus Sichtbeton, die teils terrassenförmig angelegt sind: «Als die Anlage erbaut wurde, standen vor allem optische Aspekte im Vordergrund. Thermische Gegebenheiten wie die Gebäudeisolation wurden damals noch zu wenig berücksichtigt», meint Sven Christensen vom Büro archart gmbh. Der Architekt betreut die Schulanlage im Auftrag der Gemeinde seit zwölf Jahren und kennt die Tücken der rund 45-jährigen Häuser bestens.   

Sanierung zwingend nötig  

In den letzten zehn Jahren wurden bereits die Turnhalle des Oberstufenschulhauses und das Hallenbad der Anlage saniert. Doch auch an den Hauptgebäuden, die Räumlichkeiten für insgesamt 360 Schülerinnen und Schüler sowie 60 Lehrkräfte bietet, wurde der Sanierungsbedarf immer offensichtlicher: «Die Schulanlage frisst sehr viel Heizöl. Pro Jahr verbrauchen wir 75'000 Liter, bei einer Energiebezugsfläche von 11'610 Quadratmetern», erklärt Daniel Steuri, seit 13 Jahren Bauverwalter der Berner Gemeinde mit 4200 Einwohnerinnen und Einwohnern. Für den Gemeinderat stand fest, dass dagegen etwas unternommen werden muss. In einem ersten Schritt wurde deshalb Ende 2011 die Berner BKW Energie AG damit beauftragt, die Schule einem Energiecheck zu unterziehen. Dieser ergab – wenig überraschend – dass die Heizungsanlage das Ende ihrer Lebensdauer erreicht habe. Das war aber nicht das einzige Problem: «Der in den nächsten Jahren anstehende Ersatz der Heizung muss zwingend in Abhängigkeit zur Gebäudehüllensanierung gebracht werden», schreiben die Verfasser des Berichts.   

Verbindlichkeiten schaffen  

Zusammen mit Wärmebildaufnahmen der Gebäude, welche die Gemeinde 2010 bei einem Bauphysiker in Auftrag gegeben hatte und einem Sanierungskonzept aus Christensens Architekturbüro bildete der BKW-Bericht die Grundlage für das weitere Vorgehen. Für Steuri war es wichtig, stichhaltige Argumente in den Händen zu halten: «Damit können Verbindlichkeiten bei den Politikern geschaffen werden.» Ein erster Entwurf für das Sanierungskonzept wies Investitionskosten von 17 Millionen Franken auf. Der Gemeinderat lehnte diese Budgetierung jedoch ab, und die Planer mussten den Rotstift ansetzen. Für Architekt Christensen keine einfache Situation: «Da wir vorab keine Finanzangaben hatten, zeigten wir die optimalsten Lösungen auf. Es wäre jedoch besser gewesen, wenn wir von der Gemeinde schon vorab Informationen zum Budget erhalten hätten. Damit hätte man den Aufwand noch reduzieren können.»   

Denkmalschutz als Sanierungsbremse  

Der jetzige Sanierungsplan beläuft sich auf elf Millionen Franken, die vollumfänglich gemeindesteuerfinanziert sind. Für die Umsetzung aller Massnahmen ist ein Zeitraum von neun Jahren vorgesehen. Das Konzept wurde im April 2013 vom Gemeinderat genehmigt und in den Investitionsplan der Gemeinde aufgenommen. Es umfasst Arbeiten wie die Sanierung der Windfänge, den Ersatz der Heizungssteuerung, den Einbau einer neuen Lüftung oder die Innendämmung an beiden Gebäuden. «Auf die Aussendämmung der Fassadenwände müssen wir weitgehend verzichten», erklärt Christensen. Denn die Schulanlage Selhofen steht unter Denkmalschutz, weshalb eine Veränderung der Fassade nicht möglich ist.   

Sorgfältige Etappierung

Im September 2013 bewilligte die Gemeindeversammlung einen Betrag über 975'000 Franken zur Umsetzung der ersten Massnahmen des Sanierungspakets 2014: Die Heizungssteuerung, die noch aus den 70er-Jahren stammte, wurde durch eine elektronische ersetzt. Zudem wurden die Lehrerzimmer sowie die Schulküche saniert und der Lehrerbereich durch einen Raum erweitert. Zur energetischen Verbesserung dieser Räume tragen die Isolation der Brüstungen, neue Bodenbeläge und in der Küche eine Komfortlüftung bei. «Anders als ein Privathaushalt braucht ein Schulhaus nur während den Betriebszeiten Wärme. Damit diese möglichst lange erhalten bleibt, ist eine gute Dämmung umso wichtiger», erklärt Christensen.   Die frühzeitige Sanierung der Lehrerzimmer sei aus strategischen Gründen wichtig gewesen, sind sich Christensen und Steuri einig. Denn die Lehrerschaft muss sich auf eine langjährige Bautätigkeit an ihrem Arbeitsort einstellen. Lärm, Staub und Einschränkungen in der Bewegungsfreiheit wegen Sicherheitsmassnahmen sind auf einer Baustelle nicht zu vermeiden. «Dass die Lehrerzimmer bereits in einem frühen Stadium erneuert wurden, trägt zur Akzeptanz des Sanierungsprojekts bei», ist Steuri überzeugt. Um gemeinsam an einem Strick zu ziehen, waren die Schulleitungen der Ober- und Unterstufe in den Sitzungen der Baukommission dabei und konnten ihre Anliegen einbringen. «Da der Schulbetrieb jederzeit aufrechterhalten bleiben muss, ist eine sorgfältige Etappierung der Arbeiten äusserst wichtig», betont Architekt Christensen. Um die Lehrerschaft und die Bevölkerung von der Notwendigkeit der Sanierung zu überzeugen und sie zu informieren, wurden zudem Begehungen auf dem Gelände durchgeführt.  

Investitionen in Tranchen  

Um die Planung rollend zu halten und damit schnell auf Unvorhergesehenes reagieren zu können, lässt die Gemeinde die Bevölkerung in zwei Tranchen über die weiteren Investitionen entscheiden. 2015 stimmen die Einwohnerinnen und Einwohner über fünf Millionen Franken ab, die unter anderem für die Gesamtsanierung der Unterstufen-Turnhalle und die energetische Sanierung der Flachdächer auf den Gebäuden der Unterstufe eingesetzt werden sollen: Mit einer verbesserten Dämmung soll dann der Wärmedämmungskoeffizient der Dächer weniger als 0,2 Watt pro Quadratmeter betragen. In diesem Sanierungspaket ist ebenfalls die Erneuerung der Warmwasseraufbereitung enthalten. Diese wird das warme Wasser über einen Plattentauscher produzieren und eine neue Luft-Wasser-Wärmepumpe mit 20 Kilowatt Leistung enthalten. Auch der Ersatz der Heizung auf der ganzen Schulanlage steht in dieser Etappe an. «Dafür wurden und werden noch verschiedene Möglichkeiten durchgespielt, so etwa die Einrichtung einer Solaranlage», so Steuri.   Für 2018 ist die zweite Abstimmung über fünf Millionen Franken vorgesehen. Diese sieht die Sanierung der sanitären Einrichtungen der ganzen Anlage und die Sanierung der Klassenzimmer vor.   

Frühzeitige Planung zahlt sich aus  

«Unser Fahrplan ist realistisch», meint Bauexperte Christensen. Damit sei es möglich gewesen, die Gemeinde für das Projekt zu gewinnen. Zur Akzeptanz trage zudem bei, dass Aufträge wenn immer möglich an lokale Firmen vergeben werden. Trotz der grossen Zustimmung für die Sanierung gab es auch einige knifflige Situationen bei der Planung, so Bauverwalter Steuri: «Eine der grössten Schwierigkeiten war es, die Sanierung mit den Auflagen des Denkmalschutzes zu vereinbaren.»   Dass das Projekt so gut angelaufen ist, führen Steuri und Christensen auch darauf zurück, dass zu Beginn eine sorgfältige Planung der Sanierungsmassnahmen gemacht wurde. Für den Energiecheck, die Wärmebildaufnahmen des Bauphysikers, das Sanierungskonzept der Architekten sowie die Begutachtung der sanitären Installationen durch einen Fachmann investierte die Gemeinde insgesamt 65'000 Franken. «Das sind nur 0,5 Prozent der Totalinvestitionen», betont Christensen. Was auf den ersten Blick nach viel Geld aussehe, lohne sich im weiteren Verlauf für die Gemeinde, ist der Fachmann überzeugt: «Wenn die Zielvorgabe klar ist, läuft die Umsetzung umso besser.»

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Kontakt

Daniel Steuri
Bauverwalter Zimmerwaldstrasse 6 3122 Kehrsatz
Tel. 031 960 00 30
E-Mail

Sven Christensen Architekturbüro archart gmbh
Bahnhofstr. 51
3613 Steffisburg
Tel. 033 733 00 66
E-Mail

 
 

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Zahlen und Fakten

  • Eingesparte fossile Energie: 15'000 Liter Heizöl.
  • Jährlich eingesparte Energiekosten: Von 61'500 Franken um zwei Drittel, auf jährlich 20'500 Franken.