Milvignes (NE), 9'000 Einwohner
Die Gemeinde Milvignes besitzt als einziger Ort im Kanton Neuenburg eine Mikro-Wasserturbine in der Trinkwasserleitung. Wenn das Trinkwasserreservoir nächstens saniert wird, lässt sich auch die Ökostromproduktion weiter verbessern.
Die blaue Mikroturbine hat eine Leistung von 6,5 kW. Rechts befindet sich der Schaltschrank.
Louis Godet vor dem Trinkwasserreservoir Les Racherelles. Er war Leiter des Wasserlabors der Stadt Neuenburg und kennt sich in den Bereichen Wasserkraft und erneuerbare Energien aus.
Der
Ort Les Racherelles liegt oberhalb des Dorfes Auvernier über dem Neuenburgersee.
Zwischen Reben und Bahngleisen befindet sich ein Trinkwasserreservoir, das 1892
gebaut wurde. Öffnet man dessen Türen, sieht man sofort ein
Trinkwasserkraftwerk. «Diese Art von Mikroturbine findet man häufig in den
Bergen», erklärt Louis Godet, ehemaliger Gemeinderat von Auvernier (heutige Gemeinde Milvignes) und
Projektverantwortlicher der Anlage. « Doch
auch hier, zwischen den Ausläufern des Juras und dem Neuenburgersee, sind die
Bedingungen ideal. Wir besitzen als einziger Ort im Kanton eine solche Anlage. »
Der Höhenunterschied zwischen der Trinkwasserentnahme und dem Reservoir beträgt
97 Meter. Der tägliche Wasserbedarf beträgt rund 200 Kubikmeter, das heisst,
die Pelton-Mikroturbine verarbeitet pro Tag rund 200 Tonnen.
Godet war früher für das Wasserlabor der Stadt Neuenburg verantwortlich und zuständig für die Kontrolle der Trinkwasserqualität des Littoral und eines Teils des Kantons. Er kennt sich mit hydraulischen Fragen aus. «Als ich das Wasserlabor verliess und wieder in meinen angestammten Beruf als Zahnarzt zurückkehrte, konnte ich mich um die Anlage kümmern. Damals war ich Mitglied der technischen Kommission der Gemeinde und hatte Zeit, das Projekt, von dem man seit mehreren Jahren sprach, zu realisieren.» Die Anlage muss sowohl Strom erzeugen als auch die geltenden Trinkwassernormen erfüllen. Die Mikroturbine ist aus Edelstahl und hat bei Wasserkontrollen noch nie Probleme bereitet. « Wir haben die Turbine am Fuss mit einer Schürze versehen, um eine zu starke Bildung von Mikrowassernebel bei der Turbinierung beziehungsweise eine zu starke Feuchtigkeit im Raum zu verhindern. Die heftige Bewegung des Wassers trägt zu seiner Sättigung mit Sauerstoff bei und verbessert die Wasserqualität », erklärt Godet, der selber in Auvernier wohnt. Die Mikroturbine wurde 2008 installiert, obwohl das Reservoir überaltert war. Zwar war dessen Sanierung seit langem geplant, aber die Stromerzeugung hatte Priorität. Hätte man die Sanierung des Reservoirs abgewartet, hätte das Projekt aufgeschoben werden müssen. Auvernier bildet heute zusammen mit den benachbarten Dörfern Bôle und Colombier eine Gemeinde mit dem Namen Milvignes. Aufgrund der am 1. Januar 2013 in Kraft getretenen Gemeindefusion wurden die Sanierungsarbeiten weiter hinausgeschoben. «Die anstehenden Arbeiten haben aber keinen Einfluss auf den Ort und die Nutzer», hält Godet fest. «Das Projekt musste unbedingt realisiert werden, andernfalls hätten wir nie damit begonnen. Die Anlage ist seit langem ein Provisorium und sollte mit minimalen Kosten umgesiedelt werden.» Im Rahmen der Sanierung müssen Feuchtigkeitstaschen entfernt werden, und die Wasserführung auf die Turbine muss neu konzipiert werden, um die Leistung zu erhöhen.
Die Mikroturbine arbeitet
mit einer einfachen Technik und nach einem bewährten Prinzip. Dieses besteht
aus einem Elektromotor mit umgekehrtem Wirkungsprinzip und einem Regelventil.
Dabei kommt es kaum zu Abnutzungserscheinungen. Das Projekt wurde aus dem
Ökofonds von Auvernier finanziert, der durch eine Steuer für erneuerbare
Energien auf dem Stromverkauf an die Abonnenten alimentiert wird. Die
Gesamtkosten der Anlage beliefen sich auf 50‘000 Franken. Die Amortisation, die
in rund 15 Jahren mit 5‘000 Franken Stromverkauf pro Jahr realisiert sein
sollte, wird etwas länger dauern. Trotz mehrmaliger Überprüfungen produziert
die Mikroturbine 30 Prozent weniger Strom als vorgesehen.
Die hohen Ausgaben sind auf
den Schaltschrank zurückzuführen. « Die
Steuerung hat 15‘000 Franken gekostet, das ist ein Drittel unseres
Gesamtbudgets. Sie ist völlig überdimensioniert für unsere kleine Anlage. Aber
leider verlangt das Gesetz von uns dieselben Sicherheiten wie bei einem grossen
Wasserwerk », erklärt Godet. Als die Anlage in Betrieb genommen wurde,
fiel das Stromversorgungssystem der Mikroturbine beim kleinsten Gewitter und
bei der geringsten Spannungsschwankung aus. Seit die Regler überprüft wurden, läuft
die Anlage nun seit über sechs Jahren störungsfrei. Die Gemeinde könnte als
Eignerin ihres Stromnetzes eine effizientere Turbinierung ins Auge fassen.
Zurzeit produziert die Anlage Strom ohne Berücksichtigung des Netzbedarfs,
obwohl die Turbine während der Zeiten intensiven Stromverbrauchs laufen könnte.
Die Gemeinde könnte dadurch auf den Zukauf von Wattstunden aus dem teuren Netz
verzichten. Obwohl die finanziellen Auswirkungen angesichts der schwachen
Leistung der Mikroturbine (6,5 kW) gering wären, würde die effizientere
Stromproduktion Sinn machen. Zudem hätte dies keinerlei Folgen für den
Wasserbedarf der Verbraucher.
Gewisse Ideen lassen sich nur realisieren, wenn sich jemand dafür engagiert. Louis Godet gehört zu diesen Menschen. Seine Motivation ist umso grösser, da er selbst auch nach den von ihm vertretenen Prinzipien lebt. Sein 1953 erbautes Haus weist eine positive Energiebilanz auf. Es wurde aussen mit 20 Zentimetern Polystyrol isoliert und mit Solarkollektoren und Photovoltaikmodulen versehen. Im Weiteren ist es mit einem Pelletkessel und einer Regenwasseraufbereitungsanlage für den Garten, die Toiletten und die Waschmaschine ausgestattet. Nach der Fusion der Gemeinden ist Godet, der auch stellvertretender Kantonsrat der Grünliberalen ist, nach wie vor motiviert und hegt bereits neue Ideen. «Wenn die Anlage erst einmal saniert ist, können wir auf dem Mehrzwecksaal von Auvernier eine 730 Quadratmeter grosse Photovoltaikanlage installieren. Damit können wir den Strombedarf eines Teils der Einwohner im alten Dorfkern decken, die auf ihrem Dach keine solche Anlage montieren können.»
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