Autonomie und Einbezug: Städte und Gemeinden appellieren an den Bund
Die Gemeindeautonomie ist ein Grundpfeiler der politischen Schweiz und mit Artikel 50 in der Bundesverfassung verankert. Entsprechend muss der Bund in seinem Handeln Rücksicht auf die Anliegen der kommunalen Ebene nehmen. Doch wie verschiedene jüngste Bundesvorlagen zeigen, wird der Autonomie der Schweizer Städte und Gemeinden als staatliche Partner zu wenig Rechnung getragen. Der Schweizerische Gemeindeverband (SGV) und der Schweizerische Städteverband (SSV) übergaben deshalb Bundesrat Beat Jans gemeinsam die Deklaration «Die Städte und Gemeinden im Bundesstaat» mit dem Appell, die verfassungsrechtliche Autonomie der dritten Staatsebene zu achten.
Seit 25 Jahren ist die revidierte Bundesverfassung in Kraft. Diese geht erstmals explizit auf die Stellung der Gemeinden ein und verankert den Begriff der «Gemeindeautonomie» im höchsten Schweizer Gesetzestext. Für die kommunale Ebene war diese Anerkennung ein wichtiger Schritt, der die institutionelle Stellung der Städte und Gemeinden als gleichwertige staatliche Partner von Bund und Kantonen nachhaltig stärken sollte. Seither ist zwar einiges in diesem Sinne geschehen: So bezieht der Bund die Städte und Gemeinden heute systematisch in seine Konsultationen mit ein. Auch haben Bund, Kantone, Städte und Gemeinden die tripartite Agglomerationskonferenz gegründet. «Dennoch wird die Gemeindeautonomie noch immer mehr als Leitbild denn als verfassungsrechtliche Garantie betrachtet», kritisiert Ständerat und SGV-Präsident Mathias Zopfi.
Jüngstes Beispiel ist das geplante Sparpaket des Bundesrats, welches gänzlich ohne Einbezug der kommunalen Ebene geschnürt wurde – mit einseitigen Lastenverschiebungen und weitreichenden Auswirkungen auf den Handlungsspielraum der kommunalen Behörden in Bereichen wie der Integration, dem Regionalverkehr oder dem Schutz vor Natur- und Klimaereignissen. Auch beim Thema Tempo 30 beabsichtigt der Bund, die Städte und Gemeinden zu übergehen, indem auf verkehrsorientierten Strassen innerorts grundsätzlich nur noch Tempo 50 möglich sein soll. «Und dies, obwohl man vor Ort am besten weiss, wo Temporeduktionen aus Sicherheits- und Lärmschutzgründen Sinn machen», so Hanspeter Hilfiker, Aarauer Stadtpräsident und SSV-Präsident.
SSV und SGV erinnern den Bund im Jubiläumsjahr des Artikels 50 an die föderalen Prinzipien der Eidgenossenschaft und an die gleichberechtigte Rolle der kommunalen Ebene als Grundpfeiler unseres Systems. Sie übergaben Bundesrat Beat Jans deshalb im Bundeshaus gemeinsam die Deklaration «Die Städte und Gemeinden im Bundesstaat». Gleichzeitig bekräftigten die beiden Kommunalverbände, den Schutz und die Stärkung der Gemeindeautonomie auch in Zukunft hochzuhalten und die Mitsprache von Städten und Gemeinden als Voraussetzung für umsetzbare Gesetze und ein funktionierendes Milizsystem weiterhin aktiv einzufordern.