Verpasste Chance für die Milizpolitik

am 11. Mai 2022
Lesedauer: ca. 4min

Der Nationalrat hat am 11. Mai 2022 das Postulat 20.3508 von Nationalrätin und SGV-Vorstandsmitglied Priska Seiler Graf mit dem Titel «Stärkung der Milizpolitik. Anrechnung der Tätigkeit von Milizpolitikerinnen und Milizpolitikern an Weiterbildungen im Hochschulbereich» mit 101 zu 87 Stimmen bei 1 Enthaltung abgelehnt, was der Schweizerische Gemeindeverband sehr bedauert.

Seiler Grafs Vorstoss sah vor, dass die von Milizpolitikerinnen und -politikern im Amt erworbenen (Führungs-)Kompetenzen an Weiterbildungen im Hochschulbereich anrechenbar gewesen wären (CAS, DAS, MAS; etwa im Bereich Public Administration, MBA oder EMBA). Familie, Beruf und Politik hätten sich somit besser miteinander vereinbaren lassen – die Milizarbeit wäre klar gestärkt worden. Obwohl eine ähnliche Regelung heute bereits für Offizierinnen und Offiziere der Armee gilt, hat der Nationalrat Seiler Grafs Vorstoss nicht zugestimmt. Aus Sicht der kommunalen Ebene ist dies sehr zu bedauern.

Viele Gemeinden kämpfen damit, genügend Personen für ein politisches Amt motivieren zu können. Sich politisch in der Gemeindeexekutive zu engagieren, ist aufwendig. In der Berufswelt kann ein Milizamt gar von Nachteil sein, da sich dieses ggf. nicht mit einer beruflichen Weiterbildung vereinbaren lässt. Gleichzeitig entspricht ein Amt als Gemeinderat selbst einer Art von Aus- und Weiterbildung – etwa in den Bereichen Führung, Kommunikation oder Verhandlungsgeschick. Auch Wirtschaft und Gesellschaft profitieren unbestrittenermassen vom bürgernahen Schweizer Milizsystem.

Das sieht zwar auch der Bundesrat so, der Seiler Grafs Grundanliegen nach einer gebührenden Anerkennung von im Milizamt erworbenen Kompetenzen im Schweizer Bildungssystem teilt. Dennoch hatte er das Postulat unter Verweis auf die Hochschulautonomie zur Ablehnung empfohlen: Es liege an den Hochschulen, zu bestimmen, inwiefern sie «informell» erworbene Kompetenzen an ihre Bildungsangebote anrechnen wollen. Dieser Argumentation ist nun eine Mehrheit des Nationalrats gefolgt.

Der Schweizerische Gemeindeverband wird sich auch weiterhin für die Stärkung und Anerkennung der Milizarbeit einsetzen. Das ist nicht nur sinnvoll, sondern auch notwendig.

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