Individualbesteuerung? Der SGV äussert sich kritisch

am 22. Februar 2022
Lesedauer: ca. 4min

Im Herbst 2020 hatte das Parlament den Bundesrat beauftragt, eine Botschaft zur Einführung der Individualbesteuerung auszuarbeiten. Am Dienstag, dem 22. Februar 2022, legte der Schweizerische Gemeindeverband vor der nationalrätlichen Kommission für Wirtschaft und Abgaben WAK-N dar, weshalb er einer allfälligen Einführung einer Individualbesteuerung kritisch gegenübersteht.

Zwar würde die Individualbesteuerung laut den vom Bundesrat ausgearbeiteten Varianten vorerst nur die direkte Bundessteuer betreffen. Es ist allerdings absehbar, dass Kantone und Gemeinden nachziehen müssten, weshalb der SGV die Vorschläge des Bundesrats als fundamentalen Eingriff ins föderale Steuersystem erachtet. Die Steuerautonomie von Kantonen und Gemeinden würde ohne Zweifel tangiert.

Kantone und Gemeinden müssten ihr Steuerrecht demnach umfassend anpassen. Gleichzeitig sind die administrativen, vor allem aber auch die finanziellen Auswirkungen eines solchen Schritts nicht bezifferbar. Klar ist einzig, dass ein Systemwechsel teuer zu stehen käme – gerade auch im Bereich der Sozialversicherungen und des Sozialstaats, denn bei der AHV oder der Unfallversicherung spielt der Zivilstand eine Rolle. Auch die individuellen Prämienverbilligungen oder die Kita-Tarife orientieren sich am gemeinsamen Familieneinkommen.

Dabei ist die Heiratsstrafe in vielen Kantonen und Gemeinden bereits heute faktisch abgeschafft. Überdies gibt es andere Anreize als die Fiskalpolitik, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Erwerbstätigkeit von Frauen zu fördern. Genannt seien etwa der Ausbau von Kitas, Tagesschulen oder Mittagstischen.

Zusammenfassend lässt sich deshalb konstatieren, dass der Nutzen einer Individualbesteuerung aus Sicht der Gemeinden sehr gering wäre. Falls der Gesetzgeber indes dennoch einen Systemwechsel anstrebt, so erwartet der SGV, dass dieser für die öffentliche Hand und gerade auch für die Gemeinden finanziell tragbar ausgestaltet werden muss. Zudem ist darauf zu achten, dass keine neuen sozialen Ungerechtigkeiten, etwa durch negative Schwelleneffekte im Sozialversicherungsbereich, entstehen. Und schliesslich: Das Ausfüllen der Steuererklärung darf für die Bürgerinnen und Bürger nicht weiter verkompliziert werden.

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