«Die Vereinbarkeit von Beruf und öffentlichem Amt muss der Gesellschaft noch besser gelingen»

Henrik Schoop

Henrik Schoop ist Geschäftsleiter bei der Homeguard AG, Betriebsökonom (M Sc BA) und ist seit vier Jahren Gemeinderat für Bildung, Kultur und Sport in Ostermundigen. Im Interview sagt er, mit welcher Motivation junge Menschen ein Milizamt in Angriff nehmen und wieso es wichtig ist, dass sich auch junge Unternehmerinnen und Unternehmer in Zukunft in politische Prozesse einschalten.

Interview: Nicole Wiedemeier und Adrian Michel, Economiesuisse, 2016

Herr Schoop, Ihr erstes ehrenamtliches Engagement hatten Sie bereits im Alter von 15 Jahren bei der Pfadi. Kurz darauf engagierten Sie sich auch bei Jugend + Sport. Was trieb Sie dazu an?
Für mich war klar, dass ich mich nach meiner Pfaderzeit selber als Leiter engagieren möchte. Ich hatte bei den Aktivitäten und in den Lagern stets eine wunderbare Zeit und sammelte wertvolle Erfahrungen. So konnte ich beispielsweise bereits früh in einem geschützten Rahmen Verantwortung übernehmen oder aktiv Programme mitgestalten – und das gemeinsam mit meinen besten Freunden. Diesen Pfadi-Spirit wollte ich an die nächste Pfadi-Generation weitergeben. Ausserdem war es mir wichtig, meinen Wissenshorizont auch in anderen Bereichen zu erweitern. Deshalb liess ich mich zum Coach und Experten ausbilden, um einen Beitrag an die Ausbildung von J+S-Leitern leisten zu können.

Vor allem in den jungen Jahren setzen viele Menschen auf die berufliche Karriere und wittern das grosse Geld. Wo bietet das Milizprinzip Anreiz, den Fokus trotzdem auf eine ehrenamtliche Tätigkeit zu setzen?
Dafür gibt es mehrere gute Gründe. Zum einen bietet ein öffentliches Amt eine ideale Plattform, um das persönliche Netzwerk zu erweitern und die Sozialkompetenz zu steigern. Zum anderen erhält man die Möglichkeit, Erfahrungen im Bereich Projektmanagement zu sammeln – beispielsweise bei der Leitung von Sitzungen, bei der Präsentation von Inhalten sowie bei der Motivation von Mitarbeitenden. Zudem lernen Amtsinhaberinnen und Amtsinhaber schnell, wie man sich in einer Führungsposition verhält und wie man damit umgeht, Verantwortung für eine Sache zu tragen.

Sie befanden sich letztes Jahr inmitten einer Bewerbungsphase. Durch Ihre mehreren ehrenamtlichen Engagements waren Sie zeitlich weniger flexibel als andere junge Leute. Wie reagierten potenzielle Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber auf Ihre damalige Situation?
Ich habe nur positive Rückmeldungen erhalten. Dank meiner langjährigen Tätigkeit im ehrenamtlichen Bereich habe ich früh gelernt, selbstsicherer und gelassener zu werden. Ausserdem hatte ich die Chance, bereits in viele Organisationen Einblick zu erhalten. Es hat sich gezeigt, dass dieses Know-how von potenziellen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern sehr geschätzt wird.

Heute sind Sie Geschäftsführer eines innovativen Start-up-Unternehmens. Worin liegen Ihrer Ansicht nach die grössten Schwierigkeiten bei der täglichen Bewältigung der Doppelbelastung Beruf – Politik?
Einerseits geht die Spontanität verloren. Denn meine Agenda ist gefüllt mit vielen Sitzungen, Versammlungen und Anlässen. Andererseits hatte ich lange Zeit auch eine Lohneinbusse zu verkraften, da ich aufgrund meiner ehrenamtlichen Tätigkeit im Beruf keine Vollzeitstelle annehmen konnte.

Sie sind Mitte zwanzig. Da kommt vielleicht eine Partnerin ins Spiel oder die Gründung einer eigenen Familie. Wie schafft es ein junger Mensch, gleich mehreren Herausforderungen gerecht zu werden?
Es ist alles eine Frage der Organisation und Koordination. Meine Freundin, die eine Vollzeitstelle als Klassenlehrerin ausübt, und ich nehmen uns oft bewusst Zeit füreinander. Trotzdem ist es klar, dass Prioritäten gesetzt und Einbussen in der Freizeit in Kauf genommen werden müssen. Die Zeit, überall dabei zu sein, ist vorbei. Zurzeit brennt jedoch mein inneres Feuer nach neuen Taten und Wissen. Solange die Motivation und der Wille zum Gestalten da sind, sehe ich es als ein Privileg und als eine spannende Herausforderung, an mehreren Projekten gleichzeitig mitwirken zu dürfen.

Gerade bei den Jungparteien und Jugendverbänden zeichnet sich seit längerer Zeit ein Mitgliederschwund ab. Die heutige Jugend will sich nicht mehr für die Gesellschaft engagieren. Ist das Schweizer Milizsystem zu wenig attraktiv?
Ich beobachte, dass die Erwartungshaltung an die Jungen stetig steigt. Heutzutage sind junge Menschen bereits im Alter von 15 bis 20 Jahren sehr gefordert. Nebst Lehre, Freund oder Freundin, Sport und Freizeit fehlen deshalb der Platz und die Zeit für ehrenamtliches Engagement. Zudem wollen sie sich auch nicht mehr langfristig für einen Verein verpflichten. Die Spontanität und Flexibilität steht bei ihnen im Mittelpunkt. Umso wichtiger ist es, die Chancen, die sich durch die Freiwilligenarbeit ergeben, stärker aufzuzeigen. Denn ein ehrenamtliches Amt ist eine wertvolle Investition in die Zukunft.

Sehen Sie Verbesserungsmöglichkeiten im zukünftigen Umgang mit dem Milizprinzip?
Die Vereinbarkeit von Beruf und Vereinen muss der Gesellschaft noch besser gelingen. Der Ausbau von flexiblen Arbeitszeitmodellen sowie die Entwicklung der Schule hin zu einer Ganztagesschule mit echten Blockzeiten könnten dabei einen wertvollen Beitrag leisten. Es ist jedoch eine Gratwanderung. Denn aktuelle Herausforderungen wie zum Beispiel die wirtschaftliche Situation (u.a. die Frankenstärke), der Druck nach zusätzlichen Weiterbildungen, Familiengründungen oder das Karrieredenken lassen immer weniger Zeit für ein ehrenamtliches Amt.

Wieso ist es für die Gesellschaft wichtig, dass sich auch junge Menschen in der Politik beteiligen?
Um wichtige Entscheide für die Zukunft zu fällen, braucht es die Vertretung aller Generationen. Nur so kann gewährleistet werden, dass die erlassenden Gesetze langfristig und nachhaltig ausgerichtet werden. Es ist jedoch eine Holschuld der Jugendlichen. Wir müssen uns aus unserer Komfortzone bewegen und hohes Engagement einbringen. Denn Leistung und Fleiss werden eines Tages belohnt.

Über die Homeguard AG

Die Homeguard AG wurde 2015 in Biel gegründet. Basis war die Erkenntnis, dass noch keine kostengünstigen und zuverlässigen (vernetzten) Überwachungssysteme erhältlich sind. Es galt, mit optimalen Möglichkeiten heutiger Technologien und dem Faktor Mensch neue Standards der Sicherheit zu setzen: in Prävention, Alarmierung, sofortiger oder rascher Aufklärung von Einbruchdiebstählen und Vandalismus.

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