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Zum 25-jährigen Jubiläum des «Gemeindeartikels»

gv 2025
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Seit dem 1. Januar 2000 ist die revidierte Bundesverfassung in Kraft. Diese geht erstmals explizit auf die Stellung der Gemeinden ein und verankert den Begriff der «Gemeindeautonomie» im höchsten Schweizer Gesetzestext. Konkret schreibt die Bundesverfassung in Artikel 50 vor:

Abs. 1 Die Gemeindeautonomie ist nach Massgabe des kantonalen Rechts gewährleistet.

Abs. 2 Der Bund beachtet bei seinem Handeln die möglichen Auswirkungen auf die Gemeinden.

Abs. 3 Er nimmt dabei Rücksicht auf die besondere Situation der Städte und der Agglomerationen sowie der Berggebiete.

Für die kommunale Ebene war diese Anerkennung ein grosser Erfolg, der die institutionelle Stellung der Gemeinden und Städte als wichtige Partner von Bund und Kantonen ebenso wie die politische Legitimation des Schweizerischen Gemeindeverbands (SGV) und des Schweizerischen Städteverbands (SSV) nachhaltig stärkte. Nicht umsonst hatten sich die beiden Kommunalverbände bei der Ausarbeitung der neuen Bundesverfassung vehement für die Aufnahme eines «Gemeindeartikels» eingesetzt und dabei auch einigen politischen Widerstand überwinden müssen (Geschichte: so kam der «Gemeindeartikel» in die Bundesverfassung ).

25 Jahre später nehmen der SGV und der SSV das Jubiläum des Gemeindeartikels zum Anlass für eine kritisch-konstruktive Standortbestimmung. Welche Schritte haben Bund und Kantone in den letzten 25 Jahren unternommen, um die kommunale Ebene als staatliche Partnerin einzubeziehen? Ist der Verfassungsartikel genügend umgesetzt oder besteht noch Potential dafür, den Anliegen der Gemeinden stärker Rechnung zu tragen? In welchen Bereichen benötigen Gemeinden mehr Gestaltungsfreiheit? Und wie ernst nimmt der Bund die Zusammenarbeit mit den Gemeinden in «Krisenzeiten»?

Diesen Fragen ist der SGV u.a. im Rahmen des Sessionsanlasses der parlamentarischen Gruppe Kommunalpolitik sowie seiner Generalversammlung nachgegangen.

Fazit: Zwar wurden die Anliegen der kommunale Ebene nach Inkrafttreten von Artikel 50 der Bundesverfassung vom Bund besser berücksichtigt, etwa beim fast systematischen Einbezug bei Vernehmlassungen; zudem haben Bund, Kantone und Gemeinden die tripartite Agglomerationskonferenz gegründet. Doch ganz so reibungslos, wie dies der Bundesrat 2015 in Beantwortung der Postulate der beiden damaligen SGV- und SSV-Präsidenten Hannes Germann und Kurt Fluri (13.3835 und 13.3820) befand, verläuft die Umsetzung von Artikel 50 oftmals nicht.

Noch immer werden Gemeinden und Städte mehr als Vollzugsorgane denn als gleichberechtigte Partner betrachtet und wird die Gemeindeautonomie mehr als Leitbild denn als verfassungsrechtliche Garantie gesehen. So waren es bei der Bewältigung der Pandemie zwar die Gemeinden und Städte, die die Schutzmassnahmen vor Ort umsetzen mussten – bei deren Erarbeitung wurden sie jedoch vollständig aussen vor gelassen. Der Beschleunigungserlass sah zunächst vor, dass Gemeinden und ihre Bevölkerung nicht mitreden können, wenn bestimmte Energieinfrastrukturen auf ihrem Gemeindegebiet errichtet werden sollten, und bei der Umsetzung der Gesamtstrategie Asyl – nota bene eine Verbundsaufgabe von Bund, Kantonen und Gemeinden – war die Mitwirkung der kommunalen Ebene zunächst ebenfalls nicht vorgesehen. Erst auf Hinwirken der Kommunalverbände konnten sich Gemeinden und Städte in diesen Dossiers Gehör verschaffen.

Die Liste liesse sich fortsetzen, etwa indem der Bund weitreichende Sparmassnahmen plant, an deren Erarbeitung sich die kommunale Ebene nicht beteiligen konnte, oder indem er Tempo 50 auf Hauptstrassen innerorts verordnet und so die Anliegen der Gemeinden, die selbst am besten beurteilen können, ob und wo Geschwindigkeitsbeschränkungen Sinn machen, übersteuert.

SGV und SSV haben im Jubiläumsjahr des Artikels 50 der Bundesverfassung deshalb eine Erklärung verfasst, die Bund und Kantone in kurzer und prägnanter Weise an die föderalen Prinzipien der Schweizerischen Eidgenossenschaft und die gleichberechtigte Rolle der kommunalen Ebene erinnern soll. Die Deklaration «Die Städte und Gemeinden im Bundesstaat» werden sie am 24. September dem zuständigen Bundesrat Beat Jans übergeben.

Auch in Zukunft wird der SGV den Schutz und die Stärkung der Gemeindeautonomie hochhalten und die Mitsprache von Gemeinden und Städten als Voraussetzung für umsetzbare Gesetze und ein funktionierendes Milizsystem aktiv einfordern.

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Fotos: Nicolas Dupraz

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